Malerei von Beate Selzer und Fotografien von Astrid Piethan
Die Ausstellung ..und die Kleider meiner Tante in der Galerie von der Milwe zeigte eine verwobene Interaktion von den Ölgemälden von Beate Selzer und den Fotografien von Astrid Piethan, die im Zusammenwirken mit den Kleidern aus dem umfangreichen Nachlass der verstorbenen Tante der Galeristin entstanden sind.So ergab sich ein bezugreiches Panoptikum, in dessen Erkunden tradierten Fragen nach künstlerischer Autorenschaft ganz neue, zeitgemäße Antworten geliefert wurden.
Bei den Fotosessions fungierte Beate Selzer als Trägerin der Kleider, also als Darstellerin. Durch die gewählten Bildausschnitte und Körperhaltungen war sie en face nicht erkenntlich. Dies widerspricht der herkömmlichen Modefotografie, die die Gesichter der Models gerne in den Fokus rückt. Die “Kleiderporträts“ bieten durch ihre Befreiung vom Gesicht Identifikationsflächen für den Betrachter an und lenken den Blick stärker auf die Durchmusterung der Bildkomposition. In der Hängung erscheinen die Stilleben mit Kleid wie malerische Farbfeld- und Op-Art Erkundungen der 1960er Jahre. Sehr genau wurde dabei die Umgebung der Kleider ausgewählt, jedes Requisit korrespondiert mit Muster oder Farbe der Kleider.In analogem Mittelformat fotografierte Piethan die Inszenierungen, von denen elf in einer Größe 30x40 cm und in 5er-Auflage als Farb-Handabzüge von ihr gefertigt und auf Aludibondplatten aufgezogen wurden. Faszinierend ist die Mise en scène der Fotos in ihrem versierten Spiel aus Tiefschärfe und Detailbetonung, bei der kleine “Fehler“, Kippstellen, wie Anschnitte oder ausgesuchte Untergründe eine spannende Bildästhetik ergeben. Gemusterte Kacheln und Bodenbeläge erweitern die Thematik des Musters und der bildparallelen Ebenen. Die ausgeblitzten Arrangements bestechen durch eine klare, dezidierte Farbdramaturgie.
Die stillen, präzisen Ölgemälde von Beate Selzer erschienen in der Ausstellung in “Dopplung“: als Komponente der Fotografien in Reproduktion, und als Unikat in realiter an den Galeriewänden.
Die Verbindung zwischen Mensch, Zeit, Raum und die Kleider, die diese Epochen widerspiegeln – sowie die Frage, wie ästhetische Wertschätzung entsteht – das sind Themen, die Beate Selzer als auch Astrid Piethan in dieser Ausstellung beschäftigten – zum Hochgenuss des Betrachters.
Textausschnitt Elke Kania